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Können dividendenzahlende Aktien in jeder Phase des Zyklus stabil sein?
Nisha Thakrar
Spezialist für Kundenlösungen
IM ÜBERBLICK
  • Das jüngste Erstarken von Substanz- und Dividendentiteln hat viele Anleger dazu veranlasst, diese Anlagen neu zu überdenken, da Wachstumswerte mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. 
  • Langfristig haben sich Dividendenzahler in unsicheren Zeiten als resilienter erwiesen als breite Substanzwerte.
  • Bei Dividendenstrategien geht um mehr als Anlagen in hochrentierliche Aktien. Unternehmen, die in der Vergangenheit ihre Dividende kontinuierlich erhöht haben, sind für Anleger auf lange Sicht attraktiv.
  • Bei Capital Group sind wir der Meinung, dass Dividendenstrategien auch dann einen Platz in den Portfolios verdienen, wenn sich die wirtschaftlichen Bedingungen verbessern, da sie zur langfristigen Erwirtschaftung von Realrenditen beitragen können. Um diese resilienten Unternehmen zu finden, ist jedoch umfangreiches Fundamentalresearch erforderlich. 

Steigende Zinsen, Inflation und eine deutliche Konjunkturabschwächung haben die Dominanz von Wachstumswerten erschüttert. 


Vor diesem Hintergrund wurden die FAANGMs (Facebook, Apple, Amazon, Netflix, Google und Microsoft), die in den letzten zehn Jahren an der Spitze des Marktes für Wachstumswerte standen, hart getroffen. Dies verdeutlicht den Druck, der auf den kurzfristigen Gewinnen dieser Unternehmen lastet. Unabhängig davon, ob Wachstumswerte letztendlich ein Comeback erleben oder ob die Substanzwerte ihre Position dauerhaft festigen können1, ist in diesen turbulenten Zeiten ein Ansatz erforderlich, der die langfristigen Fundamentaldaten der Unternehmen berücksichtigt. 


Für viele mag die dramatische Veränderung an der Spitze des Aktienmarktes dazu geführt haben, dass sie die Rolle von Investitionen in Substanzwerte neu überdenken. In diesem Artikel zeigen wir auf, dass Dividendenstrategien Anlegern mehr Resilienz bieten können als Substanzstrategien. Allerdings gehört zu einer Dividendenstrategie mehr als nur die Investition in dividendenstarke Aktien. Unternehmen, die regelmäßig Ausschüttungen zahlen und diese im Laufe der Zeit sogar noch anheben, haben das Potenzial, langfristig reale Erträge zu erzielen. Die Identifizierung solcher resilienten Unternehmen erfordert jedoch ein eingehendes Bottom-up-Research mit langfristiger Ausrichtung. 


In unsicheren Zeiten gilt es, eine Ergänzung zu Wachstumswerten zu finden


In den letzten Monaten wurden viele der Kräfte, die die Aktienrenditen im letzten Jahrzehnt getragen haben, gestört. So ist die Inflation auf den höchsten Stand seit mehreren Jahrzehnten geklettert, und viele Zentralbanken mussten die Zinsen aggressiv anheben, um die Preisspirale zu bändigen. Dies hat die Konjunktur ausgebremst, und es wird erwartet, dass sich das globale Wachstum von 6% im Jahr 2021 auf 4%2 im Jahr 2023 und darüber hinaus verlangsamt.  


Diese Kombination hat zu einem Anstieg der Volatilität und einer Verringerung der Vorhersehbarkeit des Gewinnwachstums3 geführt.


In diesem Umfeld wurden Wachstumswerte stärker abgestraft als Substanzwerte oder Dividendenzahler. Viele Wachstumsunternehmen zahlen keine oder nur geringe Dividenden, was – wie die folgende Grafik zeigt – bedeutet, dass ihre Gesamtrendite vom Gewinnwachstum abhängt. Diese Aktien bieten in der Regel ein hohes Ertragswachstum in der Zukunft. Das wiederum macht ihren Gegenwartswert besonders anfällig für steigende Zinsen, da der Markt künftige Erträge stärker diskontiert. Im Gegensatz dazu besteht der größte Teil des Wertes von Substanzwerten und Dividendenzahlern in kurzfristigen Cashflows.


Diese Unternehmen zahlen in der Regel einen höheren Anteil ihrer Gewinne als Dividendenerträge aus. Dadurch eignen sie sich besser für ein schwieriges Umfeld, da Dividenden in der Regel weniger anfällig für Einbußen sind als das Gewinnwachstum: Psychologisch gesehen werden Unternehmen es nach Möglichkeit vermeiden, Ausschüttungen an Anteilinhaber zu kürzen, da dies ein negatives Signal an die Märkte sendet.


Die Wiederanlage dieser Dividenden anstelle der Entnahme von Barmitteln ist aufgrund des Zinseszinseffekts seit mehreren Jahrzehnten ein wichtiger Bestandteil der Aktienrenditen.


Dividenden sind eher der Igel als der Hase, wenn es um Anlagerenditen geht, aber jeder, der die Fabel kennt, wird bestätigen, dass Langsamkeit und Stetigkeit normalerweise das Rennen gewinnen. Zahlen, die über den größten Teil eines Jahrhunderts zurückreichen, zeigen die stetige, aber positive Entwicklung der Dividenden, die im Durchschnitt rund 40% zu den 10-Jahres-Erträgen in diesem Zeitraum beitrugen4. (obwohl dieser Anteil in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen ist, weil Kapital eher in die Unternehmen zurückgeführt wurden und man häufig Aktien zurückkaufte anstatt Ausschüttungen an Aktionäre zu veranlassen).


Wiederanlage der Dividende versus Ertragswachstum5


Earning growth

Die Ergebnisse der Vergangenheit sind keine Garantie für künftige Ergebnisse.
Die Renditen der MSCI AC-Indizes von 31. Juli 2012 bis 31. Juli 2022 werden in USD und mit Wiederanlage der Nettodividenden dargestellt. KGV: Kurs-Gewinn-Verhältnis. Quellen: Refinitiv, Capital Group

Angesichts der anhaltenden Ungewissheit unter den Anlegern, wie die künftige Marktführerschaft aussehen könnte, ist es für das Erreichen langfristiger Ziele unabdingbar, eine Ergänzung zu den Wachstumsstrategien zu finden – selbst wenn Wachstumswerte letztendlich wieder in der Gunst der Anleger steigen. Können Substanz- oder Dividendenstrategien angesichts ihres Comebacks in diesem Jahr diese Rolle spielen?


Substanz versus Dividendenzahler


Bei der Betrachtung der längerfristigen Chancen ist es wichtig zu verstehen, dass Substanzwerte und Dividendenzahler nicht gleichzusetzen sind – und daher unterschiedliche Merkmale und Verhaltensweisen aufweisen können. 


Betrachtet man beispielsweise den MSCI All Country (AC) World Value Index, so ist dieser aufgrund der hohen Gewichtung von Finanzwerten in den letzten 20 Jahren stark zyklisch ausgerichtet. Im Gegensatz dazu sind Aktien mit hoher Dividendenrendite, wie der MSCI AC World High Dividend Yield Index zeigt, aufgrund der Gewichtung von Sektoren wie Gesundheitswesen und Basiskonsumgüter traditionell defensiver ausgerichtet. 


Diese Unterschiede in der Zusammensetzung haben dazu geführt, dass Substanzwerte im Vergleich zu Dividendenzahlern insgesamt eine schwächere Rentabilität, ein schwächeres Dividendenwachstum und ein schwächeres Gewinnwachstum aufwiesen, wie die folgende Grafik verdeutlicht.


Substanzwerte wiesen eine schwächere Rentabilität, ein schwächeres Gewinnwachstum und ein schwächeres Dividendenwachstum auf


Die Ergebnisse der Vergangenheit sind keine Garantie für künftige Ergebnisse.
Daten für MSCI AC World Indizes von 31. Juli 2002 bis 31. Juli 2022. Die Rendite auf das investierte Kapital ist eine Rentabilitätskennzahl, die den erzielten Gewinn nach Steuern, aber vor Zinszahlungen im Verhältnis zum investierten Kapital misst. Die EBITDA-Marge (Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization) ist ein Indikator für die Finanzlage und misst das Betriebsergebnis relativ zum Umsatz. Quellen: FactSet, Capital Group

Substanzwerte werden im Allgemeinen als defensiv wahrgenommen. Unsere Analyse zeigt jedoch, dass der MSCI AC World Value Index in nur drei von acht Marktkorrekturen (definiert als Rückgänge von mehr als 20%) seit der globalen Finanzkrise (GFC) besser abgeschnitten hat als der MSCI AC World. Im Gegensatz dazu hat der MSCI AC World High Dividend Yield Index (der sich auf die dividendenstärksten Aktien aus Industrieländern weltweit konzentriert) den MSCI AC World in sechs der acht Zeiträume übertroffen. Wir führen diese stärkere Resilienz auf den höheren Beitrag der Wiederanlage von Dividenden zu den Renditen zu letzterem zurück6


Der jüngste Aufschwung der Substanzwerte war beeindruckend, aber es ist nicht abzusehen, ob er anhalten und zu einer entscheidenden Verschiebung der Marktführerschaft führen wird. Um den Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, die mit dem Versuch einhergehen, Rotationen zu timen, können Anleger stattdessen den Einsatz spezieller Dividendenstrategien in Betracht ziehen. Auf diese Weise könnten sie von ausgewählten Substanzwerten profitieren, allerdings mit einem potenziell ausgeglicheneren Ergebnis.


Bei Dividendeninvestitionen geht es um mehr als hohe Renditen: Was zählt, ist das Dividendenwachstum


Dividendenanlagen haben sich in Zeiten schwieriger Märkte bewährt. Wir sind der Ansicht, dass sie auch bei der Erzielung langfristiger Renditen eine wichtige Rolle spielen können, was einen strategischen Platz in den Portfolios rechtfertigt. Um das Potenzial voll auszuschöpfen, ist jedoch eine weitere Ebene der Due Diligence erforderlich, bei der nicht nur Aktien mit hohen Renditen, sondern auch solche mit kontinuierlichem Dividendenwachstum berücksichtigt werden. 


Titel mit Dividendenwachstum sind in der Regel von höherer Qualität als solche mit hohen Renditen. Sie weisen in der Vergangenheit ein Gewinn- und Ertragswachstum sowie höhere Renditen für Vermögenswerte, Eigenkapital und investiertes Kapital7 auf. Diese soliden Fundamentaldaten ermöglichen es solchen Unternehmen, Dividendenerträge auf einem höheren Niveau zu erwirtschaften, als dies bei Werten mit hoher Rendite der Fall ist. Anleger profitieren somit von kräftigen Gewinnen.


Ein weiterer Vorteil der Konzentration auf Dividendenwachstum besteht darin, dass Sie einige der Fallstricke vermeiden, die bei Anlagen mit hohen Dividendenrenditen auftreten können. So lauern auch bei den renditestärksten Unternehmen oft Substanzfallen, wenn Anleger von einem unterbewerteten Unternehmen in den Bann gezogen werden, das sich aus gutem Grund als billig erweist.


Einige Titel mit hohen Renditen verfolgen zudem eine nicht auf Dauer angelegte Ausschüttungspolitik. Eine der Kennzahlen, die Sie in diesem Zusammenhang berücksichtigen sollten, ist die Ausschüttungsquote eines Unternehmens, die die Höhe der Ausschüttung im Verhältnis zum Gewinn misst. Ein sehr hohes Verhältnis kann ein Hinweis auf begrenzte Wachstumsaussichten sein. Wenn sich die Erträge verschlechtern, könnte die Dividende eines Unternehmens in Gefahr sein. Als die Ausschüttungen in dem von Covid heimgesuchten Jahr 2020 stark zurückgingen, waren die Dividendenkürzungen bei Titeln mit hoher Rendite um fast 30 % höher. Dies geht aus dem Research von S&P zu US-Unternehmen hervor8.  


Und schließlich kann eine reine Konzentration auf hochrentierliche Titel bedeuten, dass die Anleger auf eine enge Untergruppe von Aktien beschränkt sind. Die zehn größten Positionen des MSCI World High Dividend Yield Index zum Beispiel machen 24 % der gesamten Marktkapitalisierung aus, wobei 42 % auf die beiden größten Sektoren (Gesundheitswesen und Basiskonsumgüter) entfallen. Im Gegensatz dazu repräsentieren die Top-10-Aktien im MSCI World Dividend Masters Index (ein Referenzwert für Titel, deren Dividende steigt) nur 4 % der Indexkapitalisierung. Die beiden Sektoren machen hier 22 % aus.


Natürlich sind nicht alle Dividendenzahler gleich


Dividend payers

Daten mit Stand zum 31. Juli 2022. Marktkapitalisierung bezieht sich auf den Gesamtmarktwert der umlaufenden Aktien eines Unternehmens. Quelle: MSCI

Was spricht für einen fundamentalen Ansatz


Die Ausschüttung einer steigenden Dividende setzt voraus, dass die Unternehmen sowohl über eine disziplinierte Kapitalallokation als auch über solide Fundamentaldaten verfügen. Daher ist es bei auf Dividende ausgerichteten Anlagen heutzutage nicht mehr damit getan, einfach nur die Aktien mit den höchsten Renditen auszuwählen. Um verlässliche Unternehmen zu finden, die sowohl die Fähigkeit als auch die Bereitschaft haben, laufende Dividenden zu zahlen und diese in der Zukunft zu steigern, ist vielmehr ein umfangreiches fundamentales Research vonnöten. 


Um nachvollziehen zu können, inwieweit Dividendenzahlungen langfristig möglich sind, bedarf es nicht nur einer soliden quantitativen Analyse, sondern auch einer vorausschauenden Einschätzung, ob das Gewinnwachstum nachhaltig ist. Können die Ausschüttungen organisch durch den Cashflow aus dem laufenden Geschäft gedeckt werden, oder müssen die Unternehmen Fremdkapital aufnehmen und ihre Schuldenlast erhöhen? Die Bereitschaft, steigende Erträge auszuzahlen, hängt auch von der Qualität eines Unternehmens ab und erfordert daher eine subjektive Analyse. 


Ein fundamentaler Ansatz bei der Titelauswahl, wie wir ihn bei Capital Group verfolgen, ist der Schlüssel, um solche Unternehmen zu identifizieren und in Titel zu investieren, die ihre Dividende langfristig steigern.


Unabhängig davon, ob Wachstumswerte wieder an Attraktivität gewinnen oder die Substanzrotation anhält, bietet die derzeitige Situation die Möglichkeit, durch gezielte Dividendenstrategien eine langfristige Resilienz aufzubauen. Angesichts des erwarteten schwächeren Wirtschaftswachstums und der schwächeren Renditen von Anlagen sind wir der Ansicht, dass Titel, die ihre Dividenden steigern, als Quelle für langfristige reale Renditen an Bedeutung gewinnen könnten.


 


[1] Als Wachstumsaktien werden Unternehmen bezeichnet, deren Umsatz- und Gewinnwachstum über dem Marktdurchschnitt liegt. Sie zahlen in der Regel keine Dividenden und werden zu teureren Bewertungen gehandelt. Substanzwerte werden dagegen in der Regel auf einem Niveau gehandelt, das als unterhalb ihrer Fundamentaldaten angesehen wird. Als etabliertere Unternehmen zahlen sie außerdem in der Regel einen Teil ihrer Erträge über Dividenden aus.


[2] World Economic Outlook, April 2022. Quelle: Internationaler Währungsfonds


[3] Ergebnisbericht Q2 22. Quelle: FactSet


[4] Basierend auf den Gesamterträgen des S&P 500 in USD von 1930 bis 2021. Quelle: Ned Davis Research


[5] Das Kurs-Gewinn-Verhältnis, auch bekannt als KGV, P/E oder PER, ist das Verhältnis des Aktienkurses eines Unternehmens zu seinem Gewinn pro Aktie.


[6] Der Zeitraum nach der globalen Finanzkrise reicht vom 30. April 2010 bis zum 30. Juni 2022. Quellen: Refinitiv, MSCI, Capital Group


[7] Dividenden-Aristocrats Viewpoint, Juli 2022. Quelle: Proshares


[8] The Case for Dividend Growth Strategies, Juni 2022. Quelle: S&P Global



Nisha Thakrar ist Senior Managerin innerhalb der Client Solutions Group bei Capital Group. Sie verfügt über 18 Jahre Branchenerfahrung und ist seit 15 Jahren bei Capital Group tätig. Zu einem früheren Zeitpunkt ihrer Karriere bei Capital war sie Managerin der Produktentwicklung für das europäische Geschäft. Bevor sie zu Capital kam, arbeitete Nisha in der Investment-Administration und für die FundsNetwork™-Plattform bei Fidelity International. Sie hat einen Master-Abschluss mit Auszeichnung in Elektrotechnik mit Schwerpunkt Computerwissenschaften vom University College London. Außerdem besitzt sie sowohl das Investment Management Certificate als auch den Titel Chartered Financial Analyst®. Nisha ist in London ansässig.


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