Das globale Ernährungssystem befindet sich seit Jahrzehnten im Umbruch. Regierungen, Aufsichtsbehörden, Unternehmen und Verbraucher denken neu über Nahrungsmittelherstellung und -konsum nach und streben mehr Nachhaltigkeit an. Schon heute finden Innovationen und grundlegende Veränderungen statt – eine Entwicklung, die sich aus unserer Sicht in den nächsten Jahren noch verstärken wird.
21. März 2024
IM ÜBERBLICK
- Um dem zunehmenden Nachhaltigkeitsbewusstsein von Aufsichtsbehörden und Verbrauchern gerecht zu werden, brauchen wir neue Produktionsmethoden, damit wir die wachsende Weltbevölkerung ernähren können.
- Für langfristige Investoren bringen strukturelle Veränderungen der Wertschöpfungskette sowohl Chancen als auch Risiken mit sich, weil Innovationen einige Nahrungsmittelbranchen von Grund auf verändern.
- Wir haben uns folgende Innovationen genauer angesehen: neuartiges Saatgut, weniger schädliche Düngemittel, Präzisionslandwirtschaft, regenerativer Anbau, alternative Proteine sowie Abfallmanagement und -verringerung.
Einführung: Achtung Nahrungsmittellücke
Konflikte, Wirtschaftskrisen, Extremwetter und enorm steigende Düngemittelpreise sind einige der Hauptursachen für Ernährungsunsicherheit.
In Zukunft könnte das globale Ernährungssystem noch stärker unter Druck geraten. 2050 dürften fast 10 Milliarden Menschen auf der Erde leben. Gemessen an den produzierten und den benötigten Kalorien entstünde dann eine Nahrungsmittellücke von 56%.1
Hinzu kommt, dass nach Analysen der Internationalen Arbeitsorganisation über ein Viertel aller Beschäftigten weltweit in der Nahrungsmittelversorgung tätig sind (Stand 2022). In Ländern mit niedrigeren Einkommen ist dieser Anteil sogar noch höher. Die Folgen des Klimawandels, Veränderungen der Produktionsmethoden und Ernährungssicherheit werden deshalb vermutlich erhebliche Auswirkungen auf die Beschäftigten in Schwellenländern haben.
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen emittiert unsere Nahrungsmittelkette bis zu einem Drittel aller Treibhausgasemissionen, ist für 80% des Artensterbens verantwortlich und verbraucht 70% des verfügbaren Frischwassers (Stand 2023). Massentierhaltung, die Abholzung der Wälder, der steigende Einsatz synthetischer Dünger und andere bisherige Methoden zur Maximierung der Nahrungsmittelproduktion sind immer weniger möglich. Die jahrzehntelange intensive Bewirtschaftung und der starke Einsatz chemischer Dünger haben zu Land- und Bodendegradation geführt und mindern die Ernteerträge der Landwirte. Nach einer wissenschaftlichen Studie, veröffentlicht von IOP Science, waren in bis zu einem Fünftel der wichtigsten landwirtschaftlichen Regionen von 1981 bis 2010 zunehmende Schwankungen der Ernteerträge aufgrund des Klimawandels zu beobachten.2 Und Prognosen der NASA zufolge könnten die durchschnittlichen weltweiten Ernteerträge für Mais, ein Grundnahrungsmittel und Hauptbestandteil vieler Nahrungsmittel und Rohstoffe, bis 2088 um bis zu 24% zurückgehen, wenn sich die derzeitigen Klimatrends fortsetzen. Ein stärkeres Umweltbewusstsein, die Folgen des Klimawandels für die Erträge und die Versteppung fruchtbaren Landes veranlassen viele Regierungen und Aufsichtsbehörden dazu, neue Methoden der Nahrungsmittelproduktion zu erforschen.
Einfach gesagt muss die Landwirtschaft ihre Produktivität steigern, obgleich weniger Land genutzt werden kann und der Einsatz von chemischen Stoffen, Wasser und anderen Ressourcen sinken soll. Neue Anbautechniken, die die Ernte schützen und steigern, könnten helfen, die Lücke zwischen Nahrungsmittelangebot und -nachfrage zu schließen. Auch die Verringerung der Lebensmittelverschwendung und der steigende Verzehr von Alternativen zu Fleisch aus landwirtschaftlicher Produktion sind entscheidend.
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Rob Beale ist Senior ESG Manager bei Capital Group. Er hat 22 Jahre Investmenterfahrung und ist seit 21 Jahren im Unternehmen. Er begann seine Karriere bei Capital als Global Investment Control Manager. Bevor er zu Capital kam, arbeitete Rob Beale als Proxy Voting Associate bei J.P. Morgan. Rob hat einen Bachelor-Abschluss in Ozeanographie und Meeresbiologie der Universität Southampton. Er ist außerdem Chartered Financial Analyst® und besitzt ein Investment Management Certificate. Er arbeitet in London.
Seema Suchak ist Research Director im Bereich ESG bei Capital Group. Sie hat über 18 Jahre Finanzmarkterfahrung und kam 2021 zu Capital Group. Vor ihrer Zeit bei Capital war sie Head of Sustainability Research bei Schroder Investment Management. Davor war sie Senior Sustainability Investment Analyst bei F&C Asset Management (heute BMO Global Asset Management). Seema Suchak hat einen Master in International Business von der Birkbeck University of London und einen Bachelor in International Relationships (Nebenfach Französisch) von der University of Birmingham. Sie arbeitet in London.
Cheryl Wilson ist Senior ESG Manager bei Capital Group, der Dachorganisation von American Funds. Sie verfügt über 11 Jahre Branchenerfahrung und kam 2021 zu Capital Group. Sie hat einen Master-Abschluss in Klima- und Umweltwissenschaft von der Queen's University und einen Master-Abschluss in Public Policy von der Columbia University sowie einen Bachelor-Abschluss in Biologie von der Queen's University.