Wegen der zunehmenden Konjunkturrisiken rechnen wir jetzt damit, dass die Europäische Zentralbank ihren Leitzins schon früher senkt. Wir erwarten also schnellere und stärkere Zinssenkungen als bisher angenommen. Die Notenbank achtet jetzt stärker auf Konjunkturrisiken und macht sich weniger Gedanken über die Inflation – zumal die Fiskalpolitik 2025 vermutlich straffer wird.
Wegen der stabilen Konjunktur, der hartnäckigen Inflation, der lockeren Fiskalpolitik nach Corona und des Energiepreisschocks hatten wir bislang nur mit vorsichtigen Zinssenkungen der EZB gerechnet. Jetzt sind die Konjunkturrisiken aber gestiegen, während die Inflation weniger Sorgen macht.
Jüngste Umfragen liefern neue Hinweise auf solche Risiken. Nach den Einkaufsmanagerindizes hat sich die deutsche Industriekonjunktur weiter verschlechtert, und es gibt Anzeichen dafür, dass die Schwäche auf die Gesamtwirtschaft und andere große Euroraum-Länder wie Frankreich und Italien übergreift. Den Umfrageergebnissen zufolge stagniert die Wirtschaft im Euroraum und könnte in Deutschland sogar erneut schrumpfen.
Wir haben unsere Einschätzung daher geändert und rechnen jetzt mit beschleunigten Zinssenkungen. Konkret erwarten wir, dass der Einlagensatz dieses Jahr noch zweimal um jeweils 25 Basispunkte und nächstes Jahr dann auf etwa 2% gesenkt wird. Bisher waren wir von einer langsameren Lockerung und einem Einlagensatz von etwa 2,75% bis 3% Ende 2025 gerechnet.