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Ausblick für die Weltkonjunktur: Alles schaut auf die Inflation
Jens Søndergaard
Currency Analyst
IM ÜBERBLICK
  • Erstmals seit langer Zeit muss die US Federal Reserve (Fed) beweisen, dass sie die Inflation eindämmen kann. Wenn sich die US-Inflation bei 5% einpendelt, könnten Wachstumsaktien schwere Zeiten bevorstehen und Anleiheninvestoren können sich vermutlich auf steilere Zinsstrukturkurven einstellen.
  • Damit der US-Dollar wieder abwertet, müssen drei Dinge geschehen, von denen keines in absehbarer Zeit zu erwarten ist: Die Fed darf ihre Geldpolitik nicht weiter straffen, der Russland-Ukraine-Konflikt muss gelöst werden und das chinesische Wachstum muss wieder steigen.
  • Auch wenn das Pfund Sterling gegenüber dem US-Dollar zurzeit fundamental unterbewertet ist, könnte es aufgrund der Probleme am Finanzmarkt noch weiter fallen.

In diesem Artikel beantwortet Jens Søndergaard wichtige Fragen zum Ausblick für die Weltkonjunktur und gibt dazu seine Einschätzung der Folgen des Russland-Ukraine-Konflikts, der Inflation und der Währungsentwicklung.


Wie hat der Russland-Ukraine-Konflikt Ihre Einschätzung der Weltkonjunktur beeinflusst?


Der gesamtwirtschaftliche Ausblick für die nächsten 12 bis 24 Monate hänge vor allem in Europa vom Ausgang des Russland-Ukraine-Konflikts ab. Kurzfristig werden die meisten Volkswirtschaften in eine Stagflation geraten: hohe Inflation bei eindeutig rückläufigem BIP. 


Die langfristigen Auswirkungen werden zu einer noch stärkeren Deglobalisierung der Weltwirtschaft führen – ein Prozess, der 2016 mit der Wahl von Donald Trump begann und sich 2020 mit der Pandemie weiter beschleunigte. Durch eine Rückführung der Globalisierung wird das Trendwachstum des BIP vermutlich immer weiter zurückgehen, und die Verschuldung der Länder wird durchweg steigen.


Wie wird sich die Inflation aus Ihrer Sicht weiterentwickeln? Bleibt sie dauerhaft hoch?


Die wichtigste Frage im Zusammenhang mit der Inflation ist für mich, ob die „Große Mäßigung“ – also die Zeit von der Mitte der 1980er-Jahre bis 2020, in der die Geldpolitik für eine mit etwa 2% niedrige und sehr stabile Inflation gesorgt hat – jetzt vorbei ist. Die stabile und zugleich niedrige Inflation war einer der Gründe für den Rückgang der Risikoprämien von Anleihen.


Jetzt ist es viel schwieriger, weil Angebotsschocks die Inflation nach oben und das Wachstum nach unten treiben. Zu ihnen zählen der Energie- und Nahrungsmittelpreisschock aufgrund des Krieges zwischen Russland und der Ukraine, aber auch die Deglobalisierung, weil viele Unternehmen, zunehmend mit lokalen Zulieferern arbeiten. Möglicherweise steht uns eine Zeit mit mehr „schlechten“ als „guten“ Angebotsschocks bevor. 


In einem solchen Fall haben die Zentralbanken ein Problem, weil sie gegen diese Art von Inflation nichts ausrichten können. Damit dies zur neuen Normalität der nächsten zehn Jahren werden kann, müssten sich alle diese durch Einzelereignisse ausgelösten Inflationsschocks dauerhaft in den Inflationserwartungen niederschlagen, sodass eine Lohn-Preis-Spirale wie in den 1970er-Jahren entsteht. Das wird aber nur dann geschehen, wenn die Zentralbanken ihre Inflationsziele aufgeben und der Entwicklung hinterherlaufen. So entstehen grundsätzliche politische Veränderungen.


Denn eines darf man nicht vergessen: Die Höhe der Inflation ist am Ende immer politische Entscheidung. Die Politik hat die Zentralbanken unabhängig gemacht und damit beauftragt, die Inflation niedrig und stabil zu halten. Vor COVID war das eine einfachere Aufgabe, für die man das Wachstum nicht gefährden musste. 


Jetzt muss die Fed beweisen, dass sie die Inflation wirklich bekämpfen kann, und die Märkte achten offenbar sehr genau darauf, wie sich die US-Inflation im nächsten Jahr entwickelt. Die Frage ist also nicht so sehr, wann die US-Inflation ihren Höhepunkt erreicht, sondern eher, ob sie so früh zurückgeht, dass die Fed ihre Zinsen eine Weile nicht weiter erhöhen muss. Das kann durchaus passieren, aber dafür müssen einige Dinge gut laufen: Der Ölpreis muss fallen und die Löhne in den USA dürfen nicht mehr so stark steigen, was wiederum einen Anstieg der Arbeitslosenquote voraussetzt.



Jens Søndergaard is a currency analyst with 18 years of industry experience (as of 12/31/23). He holds a PhD in economics and a master’s degree in foreign service from Georgetown University.


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