Versorger

Drei Gründe, warum Versorger der nächste große Wachstumssektor sein könnten

Eine sommerliche Hitzewelle allein lässt die Stromnachfrage nicht steigen. Megatrends wie die Verbreitung der Künstlichen Intelligenz und deren enormen Energiebedarf haben das Gewinnpotenzial von Versorgern enorm in die Höhe getrieben.

 

Die Investoren ignorieren völlig, dass Versorger der nächste Wachstumssektor sein könnten, sagt Aktienportfoliomanagerin Caroline Randall. „Aus meiner Sicht sind Stromversorger die stillen Riesen der Energiewende.“ Wir sind an einem Wendepunkt angelangt. Ab jetzt müssen Unternehmen viel in das Stromnetz der USA investieren, und das dürfte ihr Gewinn- und Dividendenpotenzial in die Höhe treiben.

 

Hier sind drei Gründe, warum Investoren ein Auge auf Versorger werfen sollten, die als verlässliche Dividendenzahler gelten.

Die Gewinnerwartungen für Versorger sind enorm gestiegen.

Das Säulendiagramm zeigt das Wachstum des Gewinns je Aktie p.a. in den letzten zehn Jahren in Höhe von 3,34% und die entsprechenden Schätzungen für die Jahre 2024 bis 2026 in Höhe von 8,25%.  Außerdem stellt die Grafik die erwartete Dividendenrendite des S&P 500 von 1,39% der Dividendenrendite des S&P 500 Utilities von 3,35% gegenüber.

Quellen: Capital Group, FactSet, Standard & Poor's. Erwartete Dividendenrendite von FactSet auf Grundlage der aktuellen Konsensschätzungen der Dividenden je Aktien in den nächsten zwölf Monaten. Stand 23. Juli 2024. Die Ergebnisse der Vergangenheit sind kein Hinweis auf künftige Ergebnisse.

1. Das veraltete Stromnetz muss modernisiert werden

 

Der größte Teil des US-Stromnetzes stammt aus den 1950er- und 1960er-Jahren. Es wird Zeit für eine Modernisierung. „Wir produzieren in diesem Land eine Menge Strom aus Erdgas und Kohle, und viele dieser Ressourcen werden in den nächsten 20 bis 30 Jahren auslaufen oder ersetzt“, sagt Aktienportfoliomanager Taylor Hinshaw.

 

Auch Waldbrände und Überschwemmungen schwächen das System, fügt er hinzu. Pacific Gas & Electric und Southern California Edison mussten ihre Netze gegen Naturkatastrophen schützen und mehr saubere Energiequellen nutzen, um die Emissionsstandards zu erfüllen.

 

Selbst ohne den erwarteten Nachfrage-Boom, muss mehr investiert werden. Hinshaw rechnet mit einem jährlichen Anstieg von 3,5% in den nächsten zehn Jahren. Zurzeit steigen sie um etwa 1,0% p.a. Alle diese Investitionen könnten die Gewinne in die Höhe treiben, weil die Aufsichtsbehörden den Unternehmen erlauben, ihre Kosten über höhere Preise weiterzugeben.

 

Außerdem wird zurzeit zwar noch viel über fossile Brennstoffe im Vergleich zu Wind und anderen erneuerbaren Energiequellen diskutiert, aber die Energiewende ist schon im vollen Gange. Der Inflation Reduction Act of 2022 umfasst weitreichende Anreize für die Umstellung auf saubere Energie. Davon haben sowohl republikanische als auch demokratischen Staaten profitiert.

 

„Einige Passagen des Gesetzes könnten von der neuen Regierung verändert werden, aber ich gehe nicht davon aus, dass Unternehmen ihre Investitionen in erneuerbare Energie einstellen werden“, sagt Versorger-Analyst Andre Meade. Dennoch werden Erdgas und andere fossile Brennstoffe aufgrund der enormen Stromnachfrage noch lange einen Platz im Energiemix haben.

 

2. Versorger beflügeln den KI-Boom

 

Dass die KI viel Energie braucht, ist kein Geheimnis. Nach einer Analyse des Allen Institutes aus dem Juli 2024 verbraucht eine Anfrage an ChatGPT genauso viel Strom wie eine einzige Glühbirne in 20 Minuten.

Datenzentren treiben den Strombedarf in die Höhe

Das Diagramm zeigt die Aufteilung des geschätzten Anstiegs der Gesamtenergienachfrage als durchschnittliche jährliche Wachstumsrate (Diversifikation nach CAGR) von 2022 bis 2030. Gezeigt werden Wohnimmobilien (0,60%), Gewerbe (0,40%), Industrie (0,40%), Transport  (0,60%), Datenzentren (0,90%) und Sonstige (-0,50%) bei einem geschätzten Gesamtanstieg von 2,40%.

Quellen: Goldman Sachs, US Energy Information Administration (EIA). Schätzungen von Goldman Sachs Stand 28. April 2024. CAGR: jährliche Wachstumsrate. „Sonstige“ umfasst die Auswirkungen der Steigerung der Energieeffizienz und Veränderungen in nicht genannten Bereichen.

Technologieunternehmen nehmen die Deckung ihres Energiebedarfs selbst in die Hand. Dieses Jahr hat Amazon für 650 Millionen US-Dollar eine 960-Megawatt-Datencenter-Park von Talen Energy gekauft, und plant den Erwerb des benachbarten Atomkraftwerks von Talen. Die Aktien von Unternehmen mit Verbindung zu Kernkraft sind in die Höhe geschossen. Von Jahresanfang bis 24. Juli hatte der Aktienkurs von Constellation Energy um enorme 50% zugelegt, während der S&P 500 Index um nur etwa 14% gestiegen war.

 

Als Signal für die Zukunft baut Dominion Energy für 10,3 bis 11,3 Milliarden US-Dollar einen Offshore-Windpark, um seine Stromnachfrage zu decken und die Emissionsvorgaben einzuhalten. Nach Angaben von Standard & Poor’s versorgt das Unternehmen zurzeit die meisten Datenzentren in den USA mit Strom. Die meisten findet man in der „Data Center Alley“ im Norden Virginias. Auf Platz zwei folgt mit viel Abstand Kalifornien. Viele kleinere Staaten im Südosten, Texas, Ohio und Arizona planen den Bau von Datenzentren.

 

Hinshaw geht davon aus, dass die Aufsichtsbehörden Anreize für den Kapazitätsausbau schaffen werden, beispielsweise durch Projekte wie der Offshore-Windpark von Dominion. Der Grund dafür ist, dass die steigende Zahl von Datenzentren die Stromversorgung im ganzen Lande belasten könnten. Es gibt bereits erste Zweifel an der Zuverlässigkeit des Netzes aufgekommen, da kritische Infrastrukturen häufiger genutzt werden, wenn der Strombedarf Spitzenwerte erreicht.

 

Der Bau neuer Kapazitäten ist nicht ohne Risiko. Was ist, wenn die Nachfrage am Ende doch nicht so steigt, wie erwartet? Hier hat der starke Wettbewerb um Strom dafür gesorgt, dass die Versorger beim Bau neuer Anlagen in einer guten Verhandlungsposition sind. Möglich sind Vorabzahlungen und sogar Rückerstattungen von Technologieunternehmen, wenn der Bau nicht planmäßig verläuft, so Meade. „Ein Versorger wird nicht in eine 1.000-Megawatt-Datenzentrum investieren, wenn am Ende nur 200 Megawatt abgenommen werden“, sagt er.

 

3. Made in America: Die Rückführung von Lieferketten sorgt für einen Anstieg der Energienachfrage

Unternehmen verlagern ihre Fertigungsanleihen wieder zurück in die USA, weil die Pandemie und weltpolitische Ereignisse die Lieferketten erheblich gestört haben.

 

„ Dieser Trend wird sich fortsetzen, auch weil dadurch Arbeitsplätze für Fachkräfte in der Fertigung entstehen, die gut für die heimische Wirtschaft sind“, meint Hinshaw. Einige Trends wie die Energiewende könnten sich unter einer republikanischen Regierung abschwächen, aber die Rückverlagerung von Lieferketten wird unabhängig von den Mehrheitsverhältnissen Fall fortgesetzt.

 

Sie betrifft auch Branchen mit hohem Energiebedarf wie Halbleiter, Pharmazie und Automobile. Im Halbleiterbereich plant Intel eine Fertigungsanlage in den USA, finanziert mit Mitteln aus der CHIPS and Science Act (Creating Helpful Incentives to Produce Semiconductors).

 

Die Unternehmen denken strategischer und bedenken unter anderem mögliche Fabrikschließungen, Arbeitskräftemangel und andere Risiken. Die meisten arbeiten mit mehreren Lieferketten, und versuchen grundsätzlich, eine Fertigung in Ländern zu vermeiden, die mit Importzöllen belegt sind.

Sind Versorger die beste Kombination aus Value und Growth?

Günstige Bedingungen in den nächsten zehn Jahren sorgen für Wachstumschancen. „Und dabei geht es keineswegs nur um KI“, unterstreicht Hinshaw. „In den nächsten zehn Jahren sorgen allein die Rückführung von Industrieanlagen ins Inland und die Elektrifizierung von Haushaltsgeräten für einen enormen Anstieg der Stromnachfrage.“

Zuletzt waren Versorger stärker mit dem S&P 500 Index korreliert

Das Säulendiagramm zeigt die Korrelation der Erträge von Versorgern (gemessen am Teilsektor S&P 500 Utilities) mit dem Gesamtindex S&P 500 für verschiedene Zeiträume. Gezeigt werden folgende Durchschnittswerte: 30 Jahre (0,43), 20 Jahre (0,50), 10 Jahre (0,47), 5 Jahre (0,58) und 3 Jahre (0,67).

Quellen: Capital Group, Morningstar, Standard & Poor's. Stand 30. Juni 2024.

Hinzu kommt, dass die Aktien aus diesem Sektor als anleihenähnlich wahrgenommen werden, weil man mit ihnen etwas laufenden Ertrag erzielen kann und sie in früheren volatilen Phasen stabil waren. Versorger haben in der Regel laufende Erträge abgeworfen. Die Dividendenrendite der Versorgeraktien im S&P 500 Index lag bislang bei 3%–5%. Außerdem schichten Investoren häufig dann in Versorger um, wenn die Konjunktur schwächer wird, weil sie sich bislang besser gehalten haben als der S&P 500 Index insgesamt.

 

Auch in Zukunft dürften Versorger Dividenden ausschütten, aber weil sich immer mehr wachstumsorientierte Investoren für Aktien aus diesem Sektor interessieren, könnte die Volatilität steigen.

Caroline Randall

Caroline Randall ist Portfoliomanagerin und verfügt über 26 Jahre Erfahrung in der Investmentbranche (Stand: 31. Dezember 2023). Außerdem analysiert sie europäische Versorger. Sie hat in Cambridge einen Master- und Bachelor-Abschluss in Betriebswirtschaftslehre gemacht.

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Taylor Hinshaw ist Aktienportfoliomanager und verfügt über 22 Jahre Erfahrung in der Investmentbranche (Stand: 31. Dezember 2023). Darüber hinaus ist er als Investmentanalyst für die USA in den Bereichen Spar- und Hypothekenfinanzierung, Verbraucherfinanzierung, Versicherungen, Hypotheken-REITs und wandelbare Wertpapiere tätig. Er hat einen MBA von Harvard, einen Master in Philosophie von der University of California, San Diego, und einen Bachelor in Philosophie und Wirtschaft von der Duke University.

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Andre Meade ist Aktienanalyst mit 26 Jahren Erfahrung in der Investmentbranche (Stand: 31.12.2023). Er ist für die Forschung im Bereich der US-amerikanischen und kanadischen Versorgungsunternehmen und Pipelines zuständig. Er hat einen Master in Public Policy von Harvard und einen Bachelor von der Rutgers University.

Die Ergebnisse der Vergangenheit sind kein Hinweis auf künftige Ergebnisse. Man kann nicht direkt in einen Index investieren.Indizes sind keine gemanagten Produkte. Der Wert und Ertrag von Anlagen können schwanken, sodass Anleger ihr investiertes Kapital ganz oder teilweise verlieren können. Diese Informationen sind weder Anlage-, Steuer- oder sonstige Beratung noch eine Aufforderung, irgendein Wertpapier zu kaufen oder zu verkaufen.
 
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Capital Group managt Aktien in drei Investmenteinheiten, die ihre Anlageentscheidungen autonom treffen und unabhängig voneinander auf Hauptversammlungen abstimmen. Die Anleihenexperten sind für das Anleihenresearch und das Anleihenmanagement im gesamten Unternehmen verantwortlich. Bei aktienähnlichen Anleihen werden sie aber ausschließlich für eine der drei Aktieneinheiten tätig.